"Liebst du das Leben? Dann vergeude keine Zeit, denn daraus besteht das Leben."
Benjamin Franklin
Zeit habe ich gestern wohl kaum vergeudet. Mein Tag war von oben bis unten durchgeplant und strukturiert. Morgens bin ich mal wieder in die Pre-School Keshini mit Anisha, der Tochter von Andrea, gefahren. Das ist da vielleicht immer ein Trubel und Treiben! Aber die Kleinen gewöhnen sich langsam an mich und trauen sich immer mehr meine Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es fällt ihnen noch oft schwer die Buchstaben richtig zu schreiben oder zu rechnen, aber ich gebe mein Bestes um ihnen dabei zu helfen. Ich habe wirklich keinen Schimmer, wie die Lehrer diese Rasselbande alleine unter einen Hut bringen können. Hat man die eine Seite der Klasse beruhigt und dreht sich zur anderen Seite, bricht hinter dir wieder der Krieg aus. Deshalb sind die Lehrer unglaublich dankbar, dass ich ihnen unter die Arme greife. Man muss oft die Initiative ergreifen, denn ansonsten ist man verloren. Mir macht es wirklich Spaß, denn da bin ich mal so richtig ausgelastet.
Nach einer Stunde Pause, die wir zum Mittagessen genutzt haben, ging es mit dem Auto weiter nach Matugama beziehungsweise erstmal in die Richtung dahin. Auf dem Weg haben wir noch viele Stopps eingelegt um mal das Land und seine Leute genauer kennenzulernen. Für uns war nicht genau sicher was das für ein Ausflug werden sollte. Das Einzige was wir wusste war etwas von einer Zeremonie. Unser erster Stopp war bei einer Kautschukfabrik. Eigentlich darf man diese überhaupt nicht besichtigen, aber da Lal den Manager kannte war es doch möglich. Über Beziehungen und Kontakte läuft hier viel. Das Doofe war, dass Kautschuk bei Regen nicht geerntet wird, da es sonst klumpt und nicht mehr zu gebrauchen wäre. Morgens hatte es noch geregnet und so waren fast keine Mitarbeiter nötig, um die Fabrik zu führen. Was wir gesehen haben war also kein normaler Alltag. Der Kautschuk wird von den Bäumen quasi "abgezapft", der dann in kleine Schälchen am Baum läuft. Jeden Tag werden, diese Schalen dann geleert und der Inhalt in der Fabrik weiterverarbeitet. Während wir wieder im Auto saßen, konnten wir riesige Kautschuk und Teeplantagen bestaunen.
Auch Reis wird sehr viel angebaut.
Das ist schon beeindruckend wie grün die Reisfelder sind und die Menschen im Inneren des Landes sind unglaublich gastfreundlich. Wir bekamen Tee und Bananen, sowie Kuchen angeboten. Der schönste Etappenstopp war jedoch ein Wasserfall inmitten des Urwalds. Zuerst mussten wir einem kleinen Trampelpfad folgen und uns den Weg durch den bewachsenen Weg kämpfen. Neben uns rauschte der Bach runter, vor uns eine vom Mensch verschonte Fläche. Der Weg endete, also ging es durch das Flussbett weiter. Die Felsen und Steine waren sehr glitschig, deshalb hat es sich angeboten barfuß weiter bergauf zu klettern, aber der spätere Ausblick hat das ausgezahlt. Vor uns lag dann schließlich ein zwei Meter großer Wasserfall mit einem kleinen, in den Stein gewaschenen Becken davor.
Das war einfach so schön und ich wäre liebendgerne dort schwimmen gegangen, aber wir hatten ja noch eine Zeremonie am Abend und kein Badezeug mit. Es hätte auch eine Filmkulisse sein können und außer dem lauten Rauschen des Wasserfalls hat man nur den Urwald gehört. Wie ihr merkt hätte ich den Wasserfall am liebsten bei mir in den Garten gebaut, das wäre aber ein ziemlich teures Unterfangen :D Nach einer Stunde ging es dann leider schon wieder den Berg runter. Man musste sehr vorsichtig sein nicht auszurutschen, aber mit ein bisschen Hilfe an besonders kniffligen Stellen war auch dies kein Problem. Vor dem Einsteigen ins Auto suchten wir uns auf Blutegel ab und ich musste mir wohl einen auf den letzten Metern geholt haben, da sie sehr gerne auf dem nassen Grass saßen. Er hatte auch noch nicht zugebissen, aber es war trotzdem schwer ihn abzuschütteln. Die saugen sich sehr stark an und wenn man sie mit dem Finger abschnippt, hängen sie an deinem Finger. Anja wurde von einem am Fuß gebissen, aber auch den hat man wieder abbekommen. Dann ging es schließlich zu einem Tempel, wo am Abend eine Zeremonie zu Ehren von Müttern stattfinden sollte. Die Zeremonie dauerte lange 3-4 Stunden und mir tat schon der Rücken von den Plastikstühlen weh, aber ich will mich nicht beklagen, denn die anderen 200 Frauen und Kinder saßen auf Matten auf dem Boden. Es wurde gesungen, musiziert und anscheinend Geschichten von Müttern erzählt. Wir haben kein einziges Wort verstanden und nach der 50-ten Rede wurde es auch irgendwann monoton und man sehnte sich dem Ende entgegen. Die Mönche luden uns abends noch auf ein Essen bei ihnen im Haus ein. Dort lebten zehn Mönche. Ich habe da wirklich viel über deren Religion gelernt. Man darf zum Beispiel nicht auf der gleichen Höhe sitzen wie ein Mönch, deshalb saßen wir auf kleineren Stühlen, die mich ein bisschen an die Pre-School erinnerten. Wenn man isst, dann tut man es nur mit der rechten Hand, da die Linke als unrein gilt und richtet seine Fußinnenseite oder seinen Rücken nicht zum Mönch oder zu einer Buddhastatue. Zur Begrüßung und zur Verabschiedung kniet man sich nieder und berührt den Boden oder seine Füße um ihnen so deinen Respekt zu erweisen. Ich war manchmal unsicher wie man sich so verhalten soll, aber sie sind sehr freundlich gewesen. Das war dann mein erstes Essen mit den Händen/ mit der Hand und es ist schwieriger, als man sich das so vorstellt. Da fällt einem am Anfang viel runter und es sieht so einfach bei den Einheimischen aus. Es war schon dunkel, als wir schließlich um elf Uhr am EDC angekommen sind. Auf dem Weg nach Hause haben wir noch eine riesige Eule auf der Straße sitzen sehen. Die hatte eine Flügelspannweite von meinen Armen. Wie ihr sehr sind das so viele Eindrücke, die aber alle überhaupt nicht in diesem Blog einen Platz finden würden.
Ich hab gestern so viel mehr über die Kultur und die Religion gelernt, wie es kein Tourist je zu Augen und zu Ohren bekommen hätte. Es ist doch ganz gut hier zu arbeiten, als in einem Hotel Urlaub zu machen.
Hallo Kyramaus,
AntwortenLöschenes war wieder ein sehr spannender Artikel.
Ich freue mich für Dich, dass alles so läuft
wie Du dir das vorstellst.
Grüße aus dem verstaubten und sonnigen
Lübeck
Papa