Dienstag, 24. März 2015

In Flammen stehen

Heiße Luft und brennende Papierschnippsel flogen um mich und umhüllten meinen, mit einer Kapuze geschützen, Kopf. Mein Gesicht war versteckt unter meinem Schal, mit dem ich so viel meines Gesichtes zu verdecken versuchte wie es möglich war. Während immer mehr Rauch und Qualm in meine Richtung zog, begann ich langsam damit, den Rückzug anzutreten und mir aus größerer Entfernung dieses Geschehen anzusehen.

Wovon ich spreche sind die Verbrennungen der Fallas, die am Donnerstag stattgefunden haben. Am frühen Abend brach ich auf um zuerst die kleinen Statuen brennen zu sehen, die ihren großen Elternstatuen während der Fallas treu beiseite standen. Ich wählte meine Lieblingsstatue aus, die zufällig auch direkt in meiner nächsten Nachbarschaft aufgestellt war. Sie zeigte ein Mädchen, welches mit kleinen Details zum Thema Meer geschmückt war. Ein Küstenkind also, so wie ich eines bin. Bis zur letzten Minute, vor dem offiziellen Start zum Verbrennen aller kleineren Statuen, wurden noch Vorkehrungen getroffen,  Änderungen vorgenommen und Fotos mit den Künstlern geschossen. Um Punkt 22 Uhr sollten ja immerhin alle kleineren Statuen in ganz Valencia gleichzeitig in Flammen stehen. Entzündet wurde sie mit einer geknüpften Kette aus Sprengkörpern, die einmal wieder viel Rauch und Lärm verbreiteten. Die Flammen krochen anfangs noch zögerlich über den Körper der Statue, wurden dann jedoch stärker und vernichteten sie innerhalb von wenigen Minuten. Zurückblieb ein Haufen glühende Asche und ein Publikum, dessen eine Hälfte mit den Rauch zu kämpfen hatte, der durch den Wind angetrieben wurde, und dessen andere Hälfte, zu der ich ich dieses mal zählen durfte, einen halbwegs rauchfreien Einstieg in die Fallas erleben durfte.

Weiter ging es für mich zu meiner nächsten Auswahl für die Verbrennung der großen Statuen und wenn ich groß sage meine ich, dass so manche Statuen ein kleines Haus bzw. das dritte Stockwerk mühelos erreichten. Sie führte mich dorthin zurück, wo alles in Valencia begann: unserem Hostel. Denn, welch ein Wunder, meine zweite Lieblingsstatue stand direkt vor unserem ehemaligen Hosteleingang. Da noch knapp eine Stunde Zeit war, durfte auch eine weitere Attraktion nicht fehlen, die dort angekommen, weiter entfernt war als gedacht. Eine Straßenkreuzung in Ruzafa, einem Stadtteil von Valencia, welches gerade den Ruf des neuen It-Viertels hat, wurde mit tausenden von Lichtern geschmückt und somit ein Tor kreiert. Das Wort "farbenfroh" kommt bei dieser Straße fast nicht als Beschreibung in Frage, trifft den Nagel aber doch am passendsten auf den Kopf.

Doch ewig Zeit blieb auch nicht mehr übrig und so war ich pünktlich wie die Spanier zurück am Hostel und habe trotz der Kurzfristigkeit noch eine super Platz bekommen. Es wird eben noch alles in letzter Minute umgeworfen und Menschen umgestellt, bzw Absperrungen verschoben, so dass sich nochmal alle Karten neu mischen. Bei den großen Statuen ist auch die Feuerwehr dabei, um die umliegenden Häuser vor dem übergreifen der Flammen zu schützen und einstürzende Fallas gezielt in die passende Richtung zu kippen. Die Straßenbeleuchtung erlosch und Valencia wurde schummrig und dunkel. Es herrschte beinahe Stille, die dann durch die Geräusche eines großen Feuerwerks eingenommen wurde. Das Startzeichen! Ich setze mir meine Kapuze auf und wickelte meinen Schal um mein Gesicht, da ich das Gefühl hatte, dass ich dieses mal nicht ohne Rauch davonkommen würden. Ich wurde nicht enttäuscht in meinem Gefühl. Der größte Teil des pechschwarzen Rauchs zog jedoch trotzdem nicht in meine Straße der Kreuzung, sonder in die Benachbarte. Je mehr sich das Feuer entwickelte, was dieses mal schneller ging als bei der kleinen Statue, entstand mehr und mehr der Eindruck als wäre man eine Mischung aus Fotojournalist und Kriegsreporter. Die Hitze und die Flammen waren irgendwann so unerträglich und wirkte zunehmend angsteinflößender, dass ich langsam den Rückzug antrat und hinter einem parkenden LKW einen kurzen Moment der Kühle genoss. Doch ich wollte keinen Moment verpassen, denn diese bizarre Situation aus mehr oder weniger "flüchtenden" Menschen und den rußverdunkelten Straßen war es, die mich so in den Bann zog. Ein Regen aus Asche und Feuerschnippsel regnete auf alle nieder und hinterließ bei mir zum Glück keine großen Spuren, außer ein kleines Loch in meiner Jacke. Je weiter sich das Feuer abschwächte, desto mutiger wurde das Publikum wieder und wagte sich wieder auf seine alten Plätze zurück. Noch ein lauter Applaus, als der große tragende Zusammenbau aus Holz zur Seite kippte, dann war alles zu ende und die Masse an Menschen drängte sich zur nächsten Attraktion. 

Auch ich begab mich auf den Weg durch die Innenstadt Valencias zum letzten großen Ereignis. Mittlerweile war es schon ein Uhr nachts, doch ganz Valencia war immer noch auf den Beinen. Auf einem großen Platz im Zentrum stand die letzte und größte Statue und um sie herum über 300.000 Menschen, die alle einen Blick auf sie erhaschen wollten. Ich stand weit entfernt und konnte nur die meterhohen Flammen sehen, die funkensprühend in die Nachtluft schlugen. Bevor jedoch das Feuer angezündet wurde, gab es das allerletzte Feuerwerk. Alles endete offiziell um 2 Uhr, doch bis ich mir den Weg durch die Menschenmasse kämpfen konnte war es schon drei Uhr nachts, als ich endlich die WG erreichte. 
Valencia war das letzte Mal chaotisch, laut und menschenerfüllt bevor am nächsten Morgen der Spuk vorbei war und alles wieder seinen routinierten Verlauf nahm.


Donnerstag, 19. März 2015

Drunter und drüber in Valencia

Die Fallas haben begonnen, beziehungsweise enden heute mit einem durchaus eindrucksvollem Abschluss. Während dieser Zeit herrschte in Valencia ein Ausnahmezustand: Supermärkte hatten eingeschränkte Öffnungszeiten; morgens wurde man von Blaskapellen geweckt, die sich gefühlt extra vor deinem Fenster zu versammeln schienen um dich mit einem kleinen Liedchen in den Tag zu geleiten; egal zu welcher Tages oder Nachtszeit sind die Straßen gefüllt mit Menschen, die sich die häusergroßen Pappestatuen anschauen...
Heute, zum großen Abschluss der Festlichkeiten, werden diese bei Anbruch der Dunkelheit verbrannt. Meiner Meinung nach ist es viel zu schade alle diese Kunstwerke zu verbrennen, da die Künstlergruppen das vergangene Jahr an diesen gearbeitet haben. Sie karikieren Sportler, nationale Politiker oder regionale Persönlichkeiten in einer bunten und fröhlichen Art und Weise und werden aus Pappmaché, Holz und Gips angefertigt. Am Ende soll es ja gut brennen.
Eine weitere Besonderheit während dieser Tage ist, dass jeder Stadtteil einen eigenen Fallas-Verein besitzt, welcher eine Fallera stellt. Dabei handelt es sich um Mädchen, welche in traditionellen Kleidern in einem Wettbewerb um die Wahl zur "Fallera Mayor" kandidiert, um die Fallas offiziell zu repräsentieren. Insgesamt haben alle Vereine zusammen rund 150.000 Mitglieder. Es wird auf der Straße Paella zusammen gekocht, gelacht, getrunken, musiziert und die Mädchen und Jungen angefeuert, die ihre Blumensträuße an die größte Statue von Valencia stecken. Diese Tradition nennt sich Ofrena de Flors, ein zweitägige "Opfergang" zu Ehren der Verge dels Desamparats, die gleichzeitig die Stadtpatronin Valencias ist. Hierbei nehmen knapp 100.000 Männer und Frauen teil. Für viele ist es wohl ein sehr großer und aufregender Gang, denn es sind viele Tränen geflossen.
Die Fallas haben sich nicht als große Touristenattraktion herausgestellt, obwohl immer mehr Touristen dieses Ereignis für sich entdecken, viel mehr ist es ein Fest von und für die Valencianer, die ihre Stadt und ihre Tradition feiern um zusammen zu kommen. Man bekommt zwar viel mit, wenn man wie ich in der Innenstadt wohnt, aber am meinsten würde man dieses Fest erleben, wenn man Teil eines solchen Fallas Vereins wäre.